ANNA, eine von uns
oder: Die Kunst
des Singens
ANNA, eine von uns I
Anna Netrebko sagt: Bei ihren
bisherigen Aufenthalten konnte sie …sterreichs Kultur, Geschichte,
Naturschšnheit und Lebensart ebenso kennen und schŠtzen lernen, wie die gro§e
WertschŠtzung, die hier der Kunst entgegengebracht werde. All dies habe dazu
beigetragen, dass sie …sterreich zu ihrer Wahlheimat auserkoren habe.
Bei unserem
bisherigen …sterreich-Aufenthalt mit Aufenthaltsberechtigungskarte mit
Aufenthaltsablaufdatum ãunbekanntÒ, im Zweifelsfall ãgesternÒ, hatten wir auch
die Gelegenheit, unsere Frauen kennen und lieben zu lernen, unsere MŠnner
lieben und ehren zu lernen, unsere Freunde kennen und schŠtzen zu lernen,
unsere Kinder zu zeugen und zu gebŠren, und die landeseingeborene Abwarten/Teetrinken-Zeremonie
zu perfektionieren: Spielverlauf: ungewiss, Spannung und Abenteuer fŸr die
ganze Familie!
Gabi Burgstaller sagt: Anna
Netrebko werde in …sterreich bewundert und habe sich in die Herzen der
…sterreicher gesungen. Sie sei glŸcklich, dass Anna Netrebko nunmehr
…sterreicherin und eine von uns sei.
Eine von uns oder eine von uns?
Eine von denen oder eine von denen?
Anna, die Einwanderin?
Anna, die Immigrantin?
Anna, die Illegale?
aber nein, ãIch bin SŠngerin
und habe ein internationales Publikum, ich wollte nicht lŠnger die
erniedrigenden endlosen Ansuchen (um ein Visum) und Wartezeiten durchmachenÒ
ach so, das kšnnen wir
verstehen.
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*(schšn und gut)
Wer singen* kann, darf bleiben.
*(weit und hoch)
Wer springen* kann,
schispringen* kann, stabhochspringen* kann, darf bleiben.
*(nett und stark)
Wer die Kleinen hegen* kann und
die Alten pflegen* kann, darf hšchstwahrscheinlich auch irgendwann einmal
bleiben. (ist noch nicht so klar)
Wer hier verheiratet ist, Kinder
hat und Freunde, Arbeit hatte oder gab, ist
1)
ein falscher SŠnger
2)
ein Kuckuck
3)
ein
Heiratsschwindler, dem ãvor allem bŸrokratische Erleichterungen und die
Reisefreiheit innerhalb der EU É wesentliche Argumente fŸr das Anstreben der
šsterreichischen StaatsbŸrgerschaftÒ und sei es auch nur eines
Aufenthaltstitels, wŠren.
Die Salzburger Nachrichten
sagen: Wie auch immer. Anna Netrebko ist nun ãunsere AnnaÒ, und das sollte
die ganze Welt wissen.
Die ganze Welt? Afrika auch?
Otto Schenk sagt: ãWir
brauchen die Welt!Ò
ãWir …sterreicher sind
gewohnt, die Welt aufzusaugen und wir brauchen die Welt und so eine wie Anna
NetrebkoÒ
So eine wie Anna N.
– genommen!, wie Ludwig van B. – ok!, Johannes Brahms –
geschluckt und geschenkt, aber Mohammed Brahms? Hassan van Beethoven? Ali
Netrebko? Nicht Ÿber …sterreichs Leichentuch! ãDes brauch ma net!Ò, ãDes homma
gnua!Ò, ãDe schick ma ham!Ò lautet der Tenor, der Bass, der Sopran des Landes
und der Kulturnation, der Reinkulturnation …sterreich, Reinkarnation
vergangener Grš§e.
Rabl-Stadler sagt: ãHerzlich
willkommen als …sterreicherin!Ò
ãWir haben dich als
KŸnstlerin gern, aber besonders wegen deiner liebenswerten und menschlichen
ArtÒ
Wer liebenswert ist, der findet
bald eine Frau, wer liebenswert und menschlich dazu ist, die findet leicht
einen Mann und dann?
... lebten sie von Luft und Liebe bis an ihr Lebensende, Amen.
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ANNA, eine von uns II
wir lieben Österreich! wir, Rusen und Rusinen, Tschetschechen und Tschetschechinnen, Polisten und Polistinnen, Chinadier und Chinadienen, Kanadesier und Kanadesierinnen, Pakistanier und Pakistanierinnen, Franzmänner und -männinnen, Kongoleute, Cuben und Cubinnen, Japanenser und Japanenserinnen, Isrealos und Isrealas, Amerikanten und Amerikantinen lieben Österreich, seine natürliche und künstliche Schönheit, seine sumpfigen und seine saftigen Wiesen, seine klaren und seine schlackigen Seen, das Eingekochte, das Ausgekochte, das Eingemachte, das Ausgemachte, wir lieben die österreichische Sprache zutiefst, haben wir doch in ihr "gemma Burschn" neu gehen gelernt, knieen "bitte, bitte, bitte, bitte [ad libittum]" udn fluchen, wie es einem Fluchtling ziemt (muss hier beispiellos bleiben). wir lieben die mannigfaltigen Weisen des Lebens und Überlebens, die dieses Land seinen Bewohnern zu bieten hat, seine Kulturen und Unkulturen, Geschichten und Ungeschichten und die Kunst! ach, die Kunst! die Kunst des Singens!
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Natalie Deewan, August 2006