zu des gesezzesgebers neustem lustigen
streiche:
hieda ist ein gesezzestext welcher
verlanget von den menschen welche nicht auf europas gŸldenem grunde das licht
der hiesigen welt erblikket das sie solen das heilig land an dessen gestade sie
nunmehr gelanget sind, seien sie artisten oder eheleuyte oder anders volk,
alsogleich lassen und heimkehr suchen von woher auch immer sie wohl gekommet.
als die artisten und scientifices concerniert
seien, diese nicht mehr alsohier bleibstatt suchen und finden kšnnen sondern
vielmehr immer aufs neue ums hierbleibben und/oder so sie schon au§er landes
geschmisen, ums wiederhereinkomen mussen zittern und bangen und mit den zehnen
knirschen.[3]
auch wenn sie haben ein gŸlden papier, welches sagt: du magst bleibstatt haben,
dies papir sie nunmehr kšnnen verwenden tsum sich den ars wischen, es hat kein
gultigkeit nicht mehr.[4]
alsogleich ist die lage auch bei den
eheleuyten, welche vorwizzig genug sich glaubeten und einander Ÿber die
continente hinweg vermehleten! so das nun schon ein viertel aller hochzeiten
zumindest binationale sind! TU FELIX AUSTRIA NUBE! mocht man da sagen und
singen ã
... in das Land der LebensmŸden kommen Prinzen aus dem SŸden ...Ò doch
vaterstaat wird es tsuu bunt allhir: abertausend falsche brŠute ortet er und so
solen alle diese welche mit den schwarzen prinzen ringe tauschen ihre strafe
haben: und schaffet alsogleich den allerliebsten hŸrdenlauf[5]
durchs Austriarchat – wer nicht stŸrbet der gewinnet ...
aber nicht nur schmerz sondern billigs
unrecht und falschheit ist geschehn[6]
gleich wie bey den artisten, das gŸltigs papir von tag auf nacht sein leben
verliert und welcher gestern noch arbeit und aufenthalt hat, der sizzet am
morgen drauf schon hinter gittern, aus dem einzig grund, das ein neuer tag ist
gekommt und hat ein neues gesezz mit sich genommt und das ist jezt amen so und
der schwarze peter der bist du ... so geschehn ist es mit vielen welche sich
alsbald zusamenfanden als die freyen eheleuyte[7]
und kŠmpfeten fŸr einander als der vaterstaat die verbindung mit allen mitteln
zu zerstšren suchte.
angewidert von diese umstaende welche dem
leben fremd und nur dem papire freundlich sind haben sich diese beiden
interessenscommunities nun auf ein packkel gehauen und hekketen ein plan aus,
wie sie solten sich wehren und den gesamelten restlichen volke erzŠhlen, was
mit ihnen von staates wegen geschieht: oft ist gesehen worden, wie sich ein
paket in die luft ergeht und all sein inhalt ist verweht in alle winde! so sind
die kunstler und hochzeitskinder ans werken gegangen: ein ãFREMDENRECHTSPAKETÒ geschnŸret
und ãASYLMILLIONEN
F†R ALLEÒ
gedrukket, wie so oft versprochen ward von den orangeblauen auslŠnderfreundchen
und haben also in den reprografieranstalten milionen und abermilionen flugzeuge
hergestellt, welche sich solen ergie§en Ÿbers land und dem volke aufclairung
bringen: jawohl!
so wurde genomen ein schšner sonniger tag[8]
und eine schšne sonnige stra§e[9]
mit viel gevolk, welche sollen den regen erfahren: MANNA VOM HIMMEL, so soll es
seyn![10]
Und also ward getan: wen die nachbarin pumerin hat einse geschlagen, da ward
aus dem obersten stocke ein glizzer erspŠhet, das sich bald als riesig
paketchen zeiget. wie es also herabgelassen ward, bemerken die leuyte auf der
strassen, was sich in der hohe tuet und rekken die kopfe auf was wol wird
passirn. und da beginnet die sprengung mit einen lauten knall und es tšnet Ÿber
die strassen und weiter bis in die felder der ruf von einer festen
frauwenstimme: ãNAG NAG SCHABERNAG!Ò und das Packet entlediget sich seiner
Wahre: tausende fliegerleyns fallen in die luft und alle milionen zettelchen
werden vom winde verweht! die weiber auf der strassen schreien und laufen sich
das geld vom himmel zu holen derweil die mannen schaun und die kleinen kinder
glauben, im mŠŠrchen zu sein.[11]
als die fusznoten den boden treffen werden sie alsogleich behoben und belesen
oder auch nur unsinig beschaut. in jedem falle zwirbeln die
nachrichtenvšgelchen lustig durch die luft und suchen asyl in den ritzen der
bŸrgerhŠuser und auf den baldachinen der juweliere – welche alsogleich
zum proteste schreiten und die vielen scheinchen nicht auf ihrem gelŠnde dulden
mšgen ...
auch die staatshŸterli und
constitutionswŠchterli stehen alsobaldigst der sprengung bei und heischen
auskunft um auskunft – bereitwilligst geben wir a um a und b: kehren mit
besen sonder zahl dem himmel den rŸcken und den boden zusammen: kein fleyaleyn
soll mehr den boden trŸhben - und das Conto unsrer genosen! ... so komen wir
auch mit den bezirksbewohnern in eine Conversation: ãA FRECHHEIT IS DES!Ò Genau,
beflei§igen wir uns zu replicirn: ãA FRECHHEIT DIESES FREMDENGESETZ!Ò Genau.
Wer also nun immer noch nicht hat
verstanden, was ist ein NAG und was ist ein SCHABERNAG, dem solen
die himlischen herscharen[12]
helfen.
Natalie Deewan, November 2006
erschienen im Bildpunkt, Zeitschrift der
IG Bildende Kunst, Winter 2006/07: ãPopulŠre ProvokationenÒ.
http://www.igbildendekunst.at/bildpunkt/2006/populaereprovokationen/deewan.htm
[1] Niederlassungs-
und Aufenthaltsgesetz (NAG), Teil des von …VP, BZ… und SP… beschlossenen und
am 1. JŠnner 2006 in Kraft getretenen Fremdenrechtspakets.
[2] Schabernack m.
âŸbermŸtiger, lustiger StreichÕ. Herkunft unklar.
[3] Die neue
Gesetzeslage sieht keine Niederlassungsbewilligungen fŸr KŸnstlerInnen und
WissenschaftlerInnen mehr vor, es kann nur mehr um 6- bis 12-monatige Aufenthaltsbewilligungen
angesucht werden.
[4] In bestehende
Niederlassungsbewilligungen darf mithilfe des neuen Gesetzes ungehindert
eingegriffen werden – sie wurden zu simplen ãAufenthaltsbewilligungenÒ
degradiert.
[5] 1) Geld
oder Leben
- Der/die šsterreichische EhepartnerIn muss (als StudentIn / KindergeldbezieherIn
/ TeilzeitbeschŠftigte / ...)
– ein monatliches Mindesteinkommen von 1056,- Û nachweisen –
alleine, schlie§lich werden den auslŠndischen EhepartnerInnen weder
Niederlassungs- noch Arbeitsbewilligungen erteilt ...
2) Auslandsantragsstellung: Den Antrag auf
Niederlassungsbewilligung muss der/die auslŠndische EhepartnerIn im
Herkunftsland – aus dem die meisten aus guten GrŸnden geflohen sind
– stellen, oft zum zweiten Mal und ohne jede Garantie auf einen positiven
Bescheid nach Monaten oder Jahren staatlich verordneter Wartezeit.
[6] Auf Anweisung
der zustŠndigen Behšrden haben die meisten AsylwerberInnen, die nach einer
Heirat mit einem/r šsterreichischen StaatsbŸrgerIn um Niederlassungsbewilligung
angesucht hatten, im Laufe des Jahres 2005 ihren Asylantrag zurŸckgezogen, da,
wie es hie§, nicht zwei AntrŠge gleichzeitig offen sein dŸrften. Mit
Jahreswechsel und dem In-Kraft-Treten des neuen Fremdengesetzes – ohne
†bergangsbestimmungen (!) – waren die AntragsbestŠtigungen plštzlich
nichts mehr wert; die betroffenen auslŠndischen Ehepartner waren von einem Tag
auf den anderen illegalisiert und damit der permanenten Gefahr einer
Abschiebung in ihr Herkunftsland ausgesetzt – wŠhrend sie gleichzeitig
legal mit einem/r …sterreicherIn verheiratet sind.
[7] EHE OHNE
GRENZEN,
seit Februar 2006 existierende Initiative von vom neuen FremdenÒrechtsÒgesetz
betroffenen binationalen Ehepaaren und solchen, die es werden wollen.
Veranstaltet seit 19.4.2006 wšchentlich (jeden Mittwoch um 17h) Kundgebungen
vor dem Innenministerium und viele weitere Aktionen (72 Stunden fŸr die
Freye Liebe, die Ehe ohne Grenzen Passion, ...) und versucht den
Medien sowie den zustŠndigen Behšrden und PolitikerInnen die reale Situation
der …sterreicherInnen mit illegalisierten EhepartnerInnen zu vermitteln. Seit
kurzem existiert auch ein Dokumentarfilm ãDIE LISTE ein FremdenrechtskrimiÒ, von und mit
Ehe ohne Grenzen. www.ehe-ohne-grenzen.at.
[8] Am Samstag, 7.
Oktober 2006 fand in zahlreichen StŠdten Europas und Afrikas der transnationale
Migrationsaktionstag statt, an dem neben Demonstrationen dezentral
verschiedenste Aktionen zum Thema durchgefŸhrt wurden, u.a. eben auch die ãSprengung
des FremdenrechtspaketsÒ, unter Beteiligung der IG Bildende Kunst,
der Vereinigung Bildender KŸnstlerinnen …sterreichs (VBK…) und der Initiative:
Ehe ohne Grenzen.
[9]
KŠrntnerstra§e, KŠrntnerhof, 4. Stock. Die Vereinigung Bildender KŸnstlerinnen
…sterreichs (VBK…) stellte ihre strategisch gŸnstig gelegenen RŠumlichkeiten
fŸr die Aktion zur VerfŸgung.
[10] Insgesamt waren
es 12.000 wei§e und gelbe Flugzettel mit den Forderungen von IG Bildende Kunst
(s. Bildpunkt Herbst Õ06) sowie ãProkopsÒ (ãGeldscheineÒ mit dem Konterfei der
Innenministerin und Zahlenwerten zur Situation von Asylwerbern und binationalen
Ehen - etwa das 1056 Û Mindesteinkommen oder die Tatsache, dass einmal
festgestellte Mittellosigkeit umgehend zu einem Aufenthaltsverbot fŸhren kann
– also besser immer 10 Û in der Tasche haben! – aber auch nicht zu
viel, sollten etwa einmal mehrere hundert Euro mitgefŸhrt werden, liegt der
Verdacht auf Dealerei gefŠhrlich nahe ...).
[11] Ansichtssache:
http://derstandard.at/?url=/?id=2615830,
Kurzbericht: http://no-racism.net/article/1834,
Fotos solo: www.martinkrenn.net/sprengt.zip,
www.igbildendekunst.at.